Zum Thema „Gute Bildung in unseren Kommunen“ führte der Landesverband Niedersachsen der Arbeitsgemeinschaft für Bildungsfragen (AfB) eine Landesausschusssitzung mit dem Landrat des Landkreises Peine Franz Einhaus und dem Vorsitzenden des Kultusausschusses im Niedersächsischen Landtag Claus Peter Poppe am Samstag in Braunschweig durch.

Zum Thema „Gute Bildung in unseren Kommunen“ führte der Landesverband Niedersachsen der Arbeitsgemeinschaft für Bildungsfragen (AfB) eine Landesausschusssitzung mit dem Landrat des Landkreises Peine Franz Einhaus und dem Vorsitzenden des Kultusausschusses im Niedersächsischen Landtag Claus Peter Poppe am Samstag in Braunschweig durch.

Für Franz Einhaus, der auch Landesvorsitzender der Sozialdemokratischen Gemeinschaft für Kommunalpolitik (SGK) ist, ist die Bildungspolitik in den Kommunen zur „Chefsache“ geworden. „Die Kommunen trauen sich mehr zu und wollen größere Verantwortung im Bildungsbereich übernehmen", sagte der Landrat in Braunschweig: „Wir wollen uns zu Kompetenzzentren für Jugend, Bildung und Soziales weiterentwickeln.“

Franz Einhaus forderte die Wiedereinführung einer verbindlichen und eigenständigen Entwicklungsplanung für den Bildungsbereich durch die Schulträger. Dann würde zum Beispiel die Erkenntnis eintreten, dass die Hauptschule in der Zukunft keine Chance mehr bekomme. So habe sich die Wirtschaft längst von der Hauptschule verabschiedet.

Der Peiner Landrat lobte das Erscheinungsbild in den meisten Kindertagesstätten. „Aber wir dürfen uns vom äußeren Schein nicht täuschen lassen", meinte Franz Einhaus und berichtete, dass die Gesundheitsämter immer mehr „Auffälligkeiten“ bei den Kleinsten feststellten. Der Landesvorsitzende der SGK Niedersachsen forderte eine bessere Qualifizierung des Fachpersonals in den Kindertagesstätten und eine vertragliche Grundlage für die Zusammenarbeit von Grundschulen und Kitas.

Der Peiner Landrat will auch mehr Qualität bei der Nachmittagsbetreuung in den Ganztagsschulen erreichen. „Hier ist das Land in der Pflicht“, sagte Einhaus und ergänzte, dass die von der Landesregierung verlangte 5‐Zügigkeit der Klassen unnötig Millionenbeträge an der falschen Stelle binde. Franz Einhaus warnte auch vor zu hohen Erwartungen bei der Umsetzung der Inklusion an allen Schulen. „Hier müssen die Rahmenbedingungen für die Kommunen stimmen und wir müssen Schritt für Schritt vorangehen", sagte der Landrat mit dem Hinweis auf das Konnexitätsprinzip.

Der Bildungsexperte der SPD‐Landtagsfraktion Claus Peter Poppe ließ kein gutes Haar an der Bildungspolitik der Landesregierung und insbesondere der FDP. Entgegen früheren Versprechungen wolle die CDU/FDP‐Landesregierung den Bildungsetat in Niedersachsen zusammenstreichen. „Mit der sogenannten Niedersachsenschule verabschiedet sich die FDP aus der ernsthaften Schuldiskussion", meinte Claus Peter Poppe. Statt mehr Einheitlichkeit, Flexibilität und Durchlässigkeit in unserem Bildungssystem will die niedersächsische FDP an der „Kleinstaaterei in der deutschen Bildungslandschaft und dem frühen Vor‐ und Aussortierung der Kinder festhalten und den Gesamtschulen den Todesstoß versetzen.

Die AfB‐Landesausschusssitzung in Braunschweig verabschiedete einstimmig einen Antrag, in dem für die unterschiedlichen regionalen Strukturen in Niedersachsen passgenaue Lösungen im Bildungsangebot gefunden werden müssten. Um die Chancen gleicher Bildung überall zu gewährleisten und alle Bildungsangebote kostenfrei zu ermöglichen, sollen die finanzschwachen Kommunen besser unterstützt werden.

„Generell ist das Konnexitätsprinzip ohne Abstriche und Hintertüren durchzuhalten", fordern die sozialdemokratischen Bildungspolitiker in ihrem Antrag: „Land und Bund müssen ihre Verpflichtungen, die sie durch rechtliche Vorgaben den Kommunen auferlegen, auch finanzieren.“

Der AfB‐Landesvorsitzender Peter Befeldt lobte die gute Arbeit der SPD‐Landtagsfraktion und versprach viel Engagement seiner Arbeitsgemeinschaft bei der Kommunalwahl im nächsten Jahr. „Gute Bildung in unseren Kommunen wollen wir gemeinsam erreichen", sagte Peter Befeldt zum Abschluss dieser Bildungsveranstaltung in Braunschweig.
hrs

Gute Bildung in der Kommune: Die Basis für ein leistungsfähiges und sozial gerechtes Bildungssystem

Grundsatz

In dem Flächenland Niedersachsen mit seinen sehr unterschiedlichen regionalen Strukturen müssen für die jeweilige Situation passgenaue Lösungen gefunden werden. Um die Chancen gleicher Bildung überall zu gewährleisten, sind finanzschwache Kommunen in den Bildungsbereichen zu unterstützen, für die sie zuständig sind, um alle Bildungsangebote kostenlos vorzuhalten. Generell ist dabei das Konexitätsprinzip ohne Abstriche und Hintertüren durchzuhalten. Land und Bund müssen ihre Verpflichtung, die sie durch rechtliche Vorgaben den Kommunen auferlegen, auch finanzieren.

Die auch in den letzten Bildungsuntersuchungen belegte Abhängigkeit des Bildungserfolgs von Schülerinnen und Schülern von der sozialen Lage der Familie muss aufgelöst werden. In den Bereichen der kommunalen Verantwortung in der Bildungspolitik ist dies Leitlinie kommunalpolitischen Handelns.

Individualisierung von Lernwegen und entsprechende Förderungen sollte pädagogische Praxis in allen Bildungseinrichtungen werden. Dazu gehört eine entsprechende multidisziplinäre personelle Ausstattung.
Im Elementarbereich und im schulischen Bereich wird das Inklusionsprinzip als Standard eingeführt. Ein entsprechendes Gewicht ist nach wie vor auf die interkulturelle Bildung zu legen. Die kommunalen Schulträger haben dies entsprechend ihrem Auftrag finanziell zu begleiten. In der ersten Aufbauphase sind Bund und Land gefordert, dies finanziell zu unterstützen.

Lehrkräfte an öffentlichen Schulen sind grundsätzlich durch das Land einzustellen und zu besolden. Eine Kommunalisierung von Lehrerarbeitsplätzen wird grundsätzlich abgelehnt.
Weiter sind die Schulpsychologie sowie die Schulsozialarbeit durch das Land stark auszubauen und in die Schulen zu integrieren. Regionale Besonderheiten, unterschiedliche Strukturen und variierende Belastungen sind entsprechend zu berücksichtigen.

Elementarbereich

1. Bildungsförderung von Anfang an
Krippen- und Kindertagesstättenplätze werden kostenlos angeboten. Pädagogisches Ziel der Einrichtungen ist es, ein spielerisches und altersangemessenes Angebot in den Bereichen Erziehung, Bildung und Betreuung zu entwickeln und umzusetzen. Wenn es möglich ist, können Eltern oder ehrenamtliche Helfer zusätzlich, jedoch nicht als Ersatz für hauptamtliche Kräfte, mit einbezogen werden, um ergänzende Angebote zu ermöglichen. Die ArbeitnehmerInnen in den Einrichtungen sind auf die neuen Aufgaben sowie auf die inklusive Bildung und Betreuung durch Schulungen und Fortbildungen vorzubereiten. Die kommunalen Träger haben dies zu gewährleisten. Dies gilt ebenso für Angebote in der Tagespflege, die den gleichen Standard wie die KiTa-Angebote haben müssen. Anzustreben ist, die Gruppengrößen in Krippe und KITA zu verringern.

2. Übergang zwischen KITA und Grundschule
Die Zusammenarbeit zwischen KITA und Grundschule ist weiter auszubauen. Hierfür gibt es bereits vielfältige Ansätze. Die Kommune und das Land haben diese Vorhaben entsprechend zu unterstützen und abzusichern. Die personellen und finanziellen Ressourcen sind hierfür vorzuhalten.
Kompensatorische Maßnahme wie z.B. Sprachförderung sind dabei systematische Bestandteile dieser Zusammenarbeit und unterstützen diese.

Primar – und Sekundarbereich

3. Grundschule
Grundschulen sind überall dort, wo es gewünscht wird, in sozial verträglichen Beteiligungsprozessen als Ganztagsschulen einzurichten. Neben einer erhöhten Zuweisung an Lehrerstunden für diese Schulen ist der Einsatz von ErzieherInnen aus dem Elementarbereich und sozialpädagogischen sowie therapeutischen Kräften dringend geboten. Die Finanzierung der Schulsozialarbeit ist durch das Land zu tragen.
Um das gewünschte und von der SPD unterstützte Modell der offenen Eingangsstufe breit einzuführen, sind die Schulen durch eine bessere personelle Ausstattung hierfür zu unterstützen.
Die Kommunen sind in die Lage zu versetzen, dass sie die Ausstattung ihrer Schulen deutlich verbessern können.

4. Sekundarbereich I
Nach wie vor ist die Einrichtung von Integrierten Gesamtschulen gerade im ländlichen Raum vorrangiges Ziel. Dabei ist von einer Vierzügigkeit, in Ausnahmefällen von einer Dreizügigkeit auszugehen.
Generell ist das Ziel alle Sekundarschulen als Ganztagsschulen zu führen. Hierfür werden die Kommunen als Schulträger zur Ausstattung im Bereich des Ganztages oder der Verpflegung der Schülerinnen und Schüler ihren Beitrag leisten müssen.
Die örtlichen Sekundarschulen sollen sich in einen regionalen Verbund einbringen, in dem mit Vertretern von Kommunen, Jugendhilfe, Ausbildungsbetrieben u.a. runde Tische für die Entwicklung und Förderung von Kindern und Jugendlichen und für die Präventionsarbeiteingerichtet werden. Dieses ist von den Kommunen zu begleiten und u.U. zu initiieren.

5. Sekundarbereich II
Die Stundentafel der gymnasialen Oberstufe macht einen nachmittäglichen Unterricht notwendig. Hierfür ist es notwendig, dass für diese Schülerinnen und Schüler ein gesondertes altersangemessenes Ganztagsangebot eingerichtet und vom Schulträger sächlich ausgestattet wird.
Im Bereich der beruflichen Bildung sind Einrichtungen für berufliche Bildungsgänge voranzutreiben, damit Schulabgänger ohne Ausbildungsplatz eine berufliche Ausbildung erhalten können. Des Weiteren ist ein dualer Abschluss mit einem beruflichen Abschluss und dem Abitur an den berufsbildenden Schulen weiter zu entwickeln. Dies gilt insbesondere für technische und naturwissenschaftliche Ausbildungsgänge. Eine Vorstufe hierzu kann eine stärkere Kooperation zwischen den Sekundarstufen II und den jeweils örtlichen berufsbildenden Schulen sein.
Die Schülerbeförderung ist für Schülerinnen und Schüler in der Sekundarstufe II kostenlos einzurichten.

Außer- und Nachschulische Bildungspolitik

6. Jugendarbeit
Um Kindern und Jugendlichen Möglichkeiten einer sinnvollen Freizeitnutzung anzubieten, können kommunale Jugendhäuser mit entsprechend geschultem Personal unterstützend tätig sein. Die Kooperation von Jugendhilfe und Schule bei der Entwicklung und Durchführung von Angeboten könnte dabei hilfreich sein.
Eine Vernetzung regionaler Angebote mit entsprechend günstigen Transfermöglichkeiten unterstützt dies und entlastet die einzelnen Kommunen. An der Erarbeitung eines solchen Programms arbeiten die Jugendabteilung von Vereinen oder Jugendeinrichtungen von Kirchen oder anderen Organisation genauso mit wie kommunale Jugendparlamente.

7. Erwachsenenbildung
Einrichtungen der Erwachsenenbildung wie Volkshochschulen sind in ihrem Angebot zu stärken und zu unterstützen. Hierzu gehört z.B. die berufliche Fortbildung von arbeitslosen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Weiter können hierüber Angebote für Eltern gemacht werden, die z.B. für die Qualifikation in der Elternarbeit oder die Verbesserung der Erziehungskompetenz sinnvoll sind. Ein erprobtes Modell sind Familienzentren.
Senioren leben heute in der Regel einen aktiven Ruhestand, in dem vielfältige Bildungsangebote gesucht und aktiv erteilt werden. Somit kann dann nicht nur für ehrenamtliche Tätigkeiten zusätzlich qualifiziert sondern ebenso das vorhandene Lern- und Wissensbedürfnis befriedigt werden. Die Kompetenz der Senioren kann für ergänzende Bildungsangebote produktiv genutzt werden.
Vor dem Hintergrund des demographischen Wandels haben generationsübergreifende Projekte eine besondere Bedeutung. Ebenso sind spezifische Angebote für Familien einzurichten.

8. Vernetzungen und Übergänge
Es sind bei allen Anstrengungen und Überlegungen die regionalen Bildungseinrichtungen zu beteiligen sowie die Übergänge zwischen den einzelnen Ebenen zu gestalten.
Dies gilt insbesondere für die Jugendlichen und jungen Erwachsenen, die als Verlierer im Wettbewerb um Ausbildungsplätze von einer Maßnahme in die andere geschickt werden.
Trotz des Lobes der dualen Ausbildung im letzten OECD-Bericht darf nicht verschwiegen werden, dass die volkswirtschaftlichen Kosten der Betreuung von nicht ausgebildeten Menschen deutlich über den Kosten der Ausbildung selber liegen. Angesichts der demographischen Entwicklung (Fachkräftemangel) können wir es uns nicht leisten, diese Jugendlichen „abzuschieben“, sondern wir müssen auch für sie Bildungskarrieren ermöglichen, damit sie für einen qualifizierten Arbeitsplatz gut ausgebildet zur Verfügung stehen. Die Arbeitgeber sind in der Pflicht weitere Qualifizierungsmaßnahmen, die speziell für ihren Bereich erforderlich sind, durchzuführen. Auch auf kommunaler Ebene werden junge Menschen bei ihrem Start ins Arbeitsleben durch Programme wie PACE (Pro-Aktiv- Center) gefordert und unterstützt. Es darf nicht dazu kommen, dass auf der einen Seite freie Arbeitsplätze „nicht vermittelbaren“ Jugendlichen gegenüberstehen

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