Schulgesetznovelle im Kultusausschuss/ Es geht um die Oberschule

„Die Koalition muss sich entscheiden: Will sie mit dem Türschild Oberschule einen Wahlkampf-Bluff organisieren oder eine ernsthafte Schulreform, die den Erwartungen der Eltern und Schul­träger gerecht wird?“, urteilte der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissen­schaft, Eberhard Brandt, im Rahmen der Anhörung des neuen Schulgesetzes im Kultusaus­schuss am 28. Januar 2011.

Die Oberschule sei keine neue Schulform.

Unter ihrem Etikett verberge sich die schon bisher bestehende verbundene Haupt- und Realschule, die allerdings pädagogisch schlechtere Hand­lungsmöglichkeiten habe als die bis 2004 bestehende integrative Sekundarschule, die die SPD eingeführt hatte. Die ebenfalls unter dem Namen Oberschule vorgesehene kleine kooperative Gesamtschule werde aufgrund der restriktiven Zulassungsbedingungen nur an sehr wenigen Standorten eingerichtet werden können. Auch diese Form der Oberschule sei pädagogisch von geringerem Wert als die bestehenden Kooperativen Gesamtschulen, weil der gymnasiale Zug vom Haupt- und Realschulzug abgetrennt sei, kritisiert die GEW.

„Vielleicht gelingt es, im Kommunalwahlkampf an 100 Haupt- und Realschulen ein neues Türschild anzuschrauben und tolle Fotos mit dem Minister für die Lokalpresse zu bringen. Schnell werden Eltern und Kommunalpolitiker merken, dass ihre Vorstellungen von einer guten, attrakti­ven, wohnortnahen Schule mit der Oberschule nicht erfüllt werden.“ Die GEW teile die Auffas­sung des Landeselternrats und der Schulträger, dass sie das Recht auf eine Integrierte Gesamtschule erhalten müssen, die allen Kindern die Bildungschancen offen hält, weil sie alle Bildungsgänge einschließlich des gymnasialen integriert.

Noch sei es nicht zu spät, so Eberhard Brandt, die GEW könne die Einführung der Oberschule akzeptieren, wenn die Regierungskoalition ihre Diskriminierung der IGS aufgäbe. Dazu müssten vierzügige, im Ausnahmefall dreizügige IGSn zugelassen werden, in denen die Verpflichtung auf das Abitur in 12 Schuljahren aufgehoben werde. Der teilweise gebundene Ganztag mit zusätzlichen Lehrerstunden und beim Land eingestellten Sozialpädagogen müsse allen Schul­formen zustehen.
Die Klassenfrequenzen müssten für alle Schulformen gesenkt werden.

„Niemand im Lande kann verstehen, dass die Oberschule als KGS mit drei Zügen (2 x 24 HS/RS-Zweig und 1 x 27 im Gym.-Zweig, Ausnahme 22 pro Klasse) errichtet werden kann und bei einer IGS fünf Züge mit 26 Kindern verlangt werden“, so der GEW-Landesvorsitzende.

Weitere Informationen

Häufig gestellte Fragen zur Einführung der Oberschule (der LInk oben führt zu den Antworten auf die 25 Fragen)

Die Landesregierung plant, im Schuljahr 2011/2012 eine neue Schulform, die Oberschule, einzuführen, um, wie sie betont, in Zeiten stark zurückgehender Schülerzahlen ein dauerhaft wohnortnahes, differenziertes und leistungsgerechtes Schulangebot sichern zu können.

Obwohl der Gesetzentwurf der Regierungsfraktionen am 08.12.2010 veröffentlicht wurde, gibt es hinsichtlich der Bedingungen und der Ausgestaltung dieser neuen Oberschule eine Reihe offener Frage, von denen viele zurzeit noch nicht beantwortet werden können, da die notwendig werdenden Veränderungen der begleitenden Verordnungen und Erlasse noch nicht bekannt sind. Das Anhörungsverfahren für den Gesetzentwurf findet am 27. und 28. Januar statt, die Verabschiedung im Landtag soll im März erfolgen. Die notwendig werdenden Änderungen der Verordnungen und der Erlasse folgen anschließend. Trotz des engen Zeitplans ist vorgesehen, dass die ersten Oberschulen für das kommende Schuljahr genehmigt werden. Um mit den Planungen beginnen zu können, hat das Kultusministerium auf seiner Homepage „Hinweise für die kommunalen Schulträger“ veröffentlicht.

Die Kritik des Landeselternrats lässt erkennen, dass das neue Schulmodell nicht die Erwartungen der Eltern erfüllen kann, die eine längere gemeinsame Beschulung für ihr Kind wünschen. Schon jetzt ist erkannt worden, dass die Oberschule keine Alternative zu den geforderten kleineren Integrierten Gesamtschulen darstellt.

Auch die Schulträger haben sich zwischenzeitlich zu Wort gemeldet, da sie befürchten, auch mit der neuen Schulform die bisherigen Schulstandorte nicht halten zu können. Darüber hinaus ist nicht erkennbar, ob bzw. welche Vorteile eine neue Schulform „Oberschule“ im Vergleich mit den jetzt schon vorhandenen Möglichkeiten der Schulorganisation bringt.

Aus Sicht der GEW kann die neue Oberschule weder ein attraktives Angebot noch differenzierte Lösungen für ein besseres regionales Schulangebot bieten. Sie zementiert vielmehr das gegliederte Schulsystem unter neuem Namen und verzögert notwendige Schritte zur Ausgestaltung eines vollständigen und wohnortnahen pädagogisch hochwertigen Bildungsangebotes insbesondere im ländlichen Raum. Der Run auf die städtischen Gymnasien wird durch die Einführung der Oberschule nicht zu stoppen sein.

Die Forderung der GEW, die Bedingungen für die Einrichtung von Integrierten Gesamtschulen zu erleichtern, bleibt ebenso bestehen wie die, dass keine Schulform benachteiligt werden darf.

Die GEW wird versuchen, die Antworten auf die häufig gestellten Fragen jeweils zeitnah zu aktualisieren.

Stand 18.01.2010

1. Was ist die Oberschule?
2. Wer kann eine Oberschule beantragen?
3. Wie kann der Unterricht in der Oberschule grundsätzlich organisiert werden?
4. Welche Möglichkeiten der Unterrichtsorganisation soll eine Oberschule ohne gymnasialen Schulzweig erhalten?
5. Welche Möglichkeiten der Unterrichtsorganisation soll eine Oberschule mit gymnasialen Schulzweig erhalten?
6. Kann ein einzügiger Gymnasialzweig überhaupt erfolgreich arbeiten?
7. Was bedeutet es für den Unterricht, wenn Oberschulen jahrgangsbezogene Klassen einrichten?
8. Welche Abschlüsse bietet die Oberschule?
9. Bleibt der freie Elternwille erhalten?
10. Wie erfolgt der Übergang von der Grundschule zur Oberschule?
11. Was wird aus den Gymnasien?
12. Können bestehende Schulen erhalten bleiben?
13. Müssen alle Schülerinnen und Schüler, die ein Gymnasium besuchen wollen, den Gymnasialzweig der Oberschule besuchen, in deren Einzugsbereich sie wohnen?
14. Wie groß werden die Klassen in der Oberschule?
15. Werden Oberschulen Ganztagsschulen?
16. Welche Lehrkräfte unterrichten an einer Oberschule?
17. Wie hoch ist die Unterrichtsverpflichtung für Lehrkräfte an einer Oberschule?
18. Welche Funktionsstellen bekommen die Oberschulen?
19. Bietet die Oberschule Vorteile gegenüber einer KGS oder einer HRS?
20. Kann die Oberschule das Schulsterben im ländlichen Raum stoppen?
21. Sind kleine Oberschulen pädagogisch sinnvoll?
22. Kann eine Oberschule für Eltern attraktiv sein, die eine längere gemeinsame Beschulung ihres Kindes wünschen?
23. Erhalten die Oberschulen zusätzliches sozialpädagogisches Fachpersonal?
24. Was kostet die Einführung der Oberschule?
25. Wie erfolgt die Umwandlung in eine Oberschule?
26. Was bedeutet die Umwandlung für die Lehrkräfte der Schule?
27. Welche Änderungen ergeben sich für die Personalvertretung