Die IGS Linden ist nicht irgendeine Schule. Sie war die erste Integrierte Gesamtschule in Hannover und vielfach reformpädagogische Vorreiterin. Im letzten Jahr feierte sie 50 Geburtstag. Sie beschult heute auch die meisten Inklusionskinder der weiterführenden Schulen in Hannover. Von Anfang an hatte sie mit baulichen Not- und Übergangslösungen zu kämpfen. Christoph Walther, ehemaliger IGS-Schulleiter fasst die Lage in einem Aufsatz so zusammen: eine „verbaute“ Schule, „die der Umsetzung von Schulprogramm und -profil buchstäblich im Wege steht“. Dennoch gibt es um die Frage Sanierung oder Neubau aktuell heftige Konflikte.

Mit konstanter Hartnäckigkeit versuchen Schuldezernat und Bauverwaltung einen Neubau für die IGS- Linden zu verhindern. Ein Ratsauftrag, systematisch mögliche Standorte für einen Neubau zu prüfen und das Ergebnis bis Ende 2020 Bezirksrat und zuständigen Ausschüssen vorzulegen, wird bis heute verschleppt.

Anlässlich einer Demo von 900 IGS-Schüler:innen vor dem Rathaus vor den Sommerferien räumte Baudezernent Vielhaber ein: “Transparenz und Kommunikation sind in der Vergangenheit nicht so gut gelaufen. Das werden wir ändern.“ Nach der Sommerpause teilten Schuldezernentin Rzyski und Baudezernent der Schule mündlich mit, es gäbe keinen Standort für einen IGS-Neubau. Nur eine Sanierung käme infrage.

Im Vertrauen auf die vermeintliche Seriosität der Genanten verzichteten die Koalitionsfraktionen Grüne und SPD auf die Vorlage einer Verwaltungsdrucksache und beantragten im September im Schul- und Bildungsausschuss, dass die Verwaltung nur noch eine Sanierung der IGS Linden weiterverfolgt. Der Antrag wurde zur Beratung in den Fraktionen vertagt und das leider im Paket mit einem im Juni bereits eingebrachten Antrag der stimmberechtigten Elternvertreter:innen, dass die Verwaltung den Standortvergleich vorlegt.

IGS LINDEN
IGS LINDEN

Die Blickverengung auf eine Sanierungslösung ist nicht zu Ende gedacht.

Der IGS fehlt es an Räumen. Und das Hauptgebäude hat massive strukturelle Mängel. Eine Gebäudeaufstockung ist nicht möglich, so die Feststellung der Verwaltung in einer Bestandsanalyse von 2014. Die geforderte Zusammenführung von Sekundarstufe I und II am selben Standort wäre ausgeschlossen. Es fehlt eine Aula, in die alle Schüler:innen hineinpassen. Auch die Modulanlage auf dem Schulhof braucht mittelfristig festen Ersatz. Und wie soll Barrierefreiheit in einem Gebäude mit einem Versatz auf allen Etagen wegen der Hanglage am Lindener Berg verwirklicht werden? Der zentrale Gebäudeteil der Schule enthält eine alte Turnhalle, um die Gebäudeteile angebaut wurden. D. h. es gibt einen großen fensterlosen Bereiche ohne Tageslicht. Wie soll diese Problemimmobilie ineine „heutigen Ansprüchen entsprechende, moderne und barrierefreie Integrierten Gesamtschule“ (Ds. 2468/2022) verwandelt werden? Wie soll ein Schulbetrieb bei tiefgreifenden Umbauarbeiten weitergehen? An Zauberei glaubt keiner. Laut Rzyski soll zunächst eine Gebäudeanalyse erstellt werden, bevor in etwa zwei Jahren eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben wird. Der Schulvorstand kritisiert, die Daten lägen seit 2014 vor und befürchtet eine weitere Verschleppung. Und man muss sich fragen, welchen Sinn ein in Aussicht gestelltes Beteiligungsverfahren hat, wenn das Ergebnis schon vorgegeben wird.

Überbauung des Westschnellweges

Ich hatte meinen Vorschlag einer Westschnellwegüberbauung zugunsten eines IGS-Neubaus im August 2018 im Lindenspiegel veröffentlicht. Der Plan ist unabhängig von möglichen Umbauvarianten des Westschnellwegs realisierbar. Vorteile sind: Ein kostenloses Grundstück an der richtigen Stelle, Lärmschutz, Verknüpfung des Von-Alten-Gartens und der Ganztagsschule mit den Sportanlagen von Linden 07 auf der anderen Schnellwegseite. Teile der Schule könnten in fertige Neubauabschnitte umziehen. Brauchbare Teile des Altgebäudes würden geräumt, saniert und weitergenutzt, unbrauchbare weichen. Für den laufenden Schulbetrieb wäre so ein Optimum an Rücksichtnahme während der Bauarbeiten möglich.

Weitergedacht eröffnet sich die Chance auf eine Integration von Schule, Kultur und Sport. Platz wäre da.

Wie weiter?

Einstimmig forderten alle Parteien im Oktober im Bezirksrat Linden-Limmer, ihnen die Unterlagen zur Standortbewertung auszuhändigen und Haushaltsmittel für ein externes Büro nebst Moderation einzuplanen, um im Rahmen eines Beteiligungsverfahrens Ansätze wie Neubau, Standortsuche und Schnellwegüberbauung ausführlich zu erörtern und gemeinsam einen beschlussreifen Lösungsvorschlag zu erarbeiten.

Angesicht von Protesten und Einsprüchen von Schulelternrat, Schulvorstand, Stadtteil und Bezirksrat deutet sich mittlerweile ein Umdenken in der Politik an. Am 23.11.2022 ist die nächste Sitzung des Schulausschusses. Ich bin gespannt, aber optimistisch.

Ernst Barkhoff