Infostand zum Erhalt der IGSen: 15.03.2011 um 12.45 Uhr
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15. März 2011, 12:45
Wirtschaftsministerium, Ecke Leinstraße/Markthalle, 30159 Hannover
Unser OB Stephan Weil hat sich angesagt
Seit Regierungsübernahme der CDU/FDP im Jahr 2003 war die Neugründung von Integrierten Gesamtschulen in Niedersachsen ausgeschlossen und untersagt. Auf Druck von Opposition, Eltern, Lehrern und Gewerkschaften wurde das so genannte Errichtungsverbot 2008 gelockert. Zu den Gründungsvoraussetzungen der neuen Gesamtschulen gehört seitdem ein 5-zügiger Start mit mindestens 28 Kindern pro Klasse sowie eine Prognose der Schülerzahlen für 10 Jahre. Trotz dieser hohen Errichtungshürden konnten aufgrund des mehrheitlichen Elternwillens (Umfragewerte müssten hier dokumentiert werden) 2009 die IGS Stöcken, 2010 die IGS Badenstedt und die IGS Büssingweg gegründet werden.
Am 04.03.2011 hat der Kultusausschuss des Niedersächsischen Landtages einen Gesetzentwurf der Regierungsfraktion (CDU/FDP) angenommen, der einschneidende Änderungen des niedersächsischen Schulwesens vorsieht. Dabei geht es vor allem um die Gründungsvoraussetzungen der von der Landtagsmehrheit und der Landesregierung geplanten neuen Oberschulen als Ergänzung zu den vorhandenen Schulformen Gymnasium, Realschule, Hauptschule, Integrierte Gesamtschule, Förderschule. Oberschulen können demnach bis 2015 ohne Mindestzügigkeit gegründet werden, eine Pflicht zur Prognose von Schülerzahlen besteht nicht. Die Gesamtschulen müssen weiterhin eine Prognose über 10 Jahre vorlegen und die 5-Zügigkeit erfüllen. Die Klassenfrequenz soll auf 24 Schüler abgesenkt werden.
In der Planung des Kultusministeriums sind für die Jahrgänge 6 und 7 an den neuen Gesamtschulen keine weiteren Stunden für den Ganztag vorgesehen, obwohl der Ganztagsbereich zum Konzept der Gesamtschulen gehört, da das soziale Lernen ein pädagogischer Schwerpunkt dieser Schulform ist.
Diese Regelung hat einschneidende Konsequenzen und verunsichert die Eltern der neuen Gesamtschulen, da sie ihnen Planungssicherheit nimmt. Sie beinhaltet eine klare Benachteiligung, da sie dem Konzept der Integrierten Gesamtschule widerspricht.
In seiner Regierungserklärung vom 09.11.2010 weist Althusmann den Vorwurf der Benachteiligung der IGS zurück. Dabei verweist er lediglich auf eine Vielzahl von Funktionsstellen und damit Beförderungsmöglichkeiten, auf hohe Anrechnungsstunden und komfortable Arbeitszeitregelungen. Das Ganztagsangebot der IGSen erster Generation bezeichnet er als bewusst privilegiert, um Eltern damit zu locken. Für die Oberschule hingegen scheint das Ganztagsangebot kein Köder zu sein: „Wenn die Landesregierung nach Maßgabe des Landeshaushalts den Einstieg in die teilweise gebundene Ganztagsschule (in der Oberschule) beginnt, dann ist das gut investiertes Kapital zum Wohle der Zukunft unseres Landes“
Wir sind der Meinung:
Es kann und darf nicht sein, dass der Ganztagsbereich so unterschiedlich gewertet wird: Als Lockmittel bei den Gesamtschulen, jedoch als Investition in die Zukunft des Landes bei den Oberschulen.
Die Gründe für den hohen Bedarf an Ganztagsschulen sollten einem Kultusminister nicht fremd sein. Viele Kinder der neuen IGSen werden ohne Ganztagsangebote den Nachmittag auf der Straße, vor dem Fernseher oder vor dem PC verbringen. Der Ganztagsbereich ist Kernbereich des sozialen Lernens und gesellschaftlichen Handelns von Schule. Gerade die Gesamtschulen leisten hier hervorragende Arbeit: Bereitstellung einer warmen Mahlzeit für alle Schüler, sinnvolle Nachmittagsangebote, Fortführung der schulischen Aktivitäten des Vormittags.
Gerade auch für Schulen, die viele Schülerinnen und Schüler mit Migrationshintergrund beschulen, ist der Ganztagsbereich von besonderer Bedeutung. Hier haben die Kinder die Möglichkeit, Angebote und Unterstützung kennen zu lernen und zu erfahren, die ihnen ohne das Ganztagsangebot verwehrt blieben. Gerade im Bereich des Ganztags findet bereits jetzt soziales Miteinander und Integration statt.
Wir unterstützen Herrn Althusmann in seiner Forderung nach Stabilität und Kontinuität in der Schulpolitik der Länder – die Kürzung der Förderung des Nachmittagsangebotes bei den neu gegründeten IGSen bewirkt jedoch genau das Gegenteil.
Kultusminister Althusmann erklärt, dass man darüber reden müsse, warum gerade in den Ballungsgebieten an den neuen IGSen so wenig Kinder mit Gymnasialempfehlung angemeldet würden, obwohl der Anteil dort sehr hoch sei. Uns verwundert es nicht, denn das Kultusministerium selbst verwehrte den neuen IGSen bei Gründung die gymnasiale Oberstufe für längere Zeit.
Des Weiteren sieht der Gesetzentwurf vom 04.03.2011 eine sukzessive Auflösung der Kooperativen Gesamtschulen vor, Neugründungen dieser Schulform sind nicht mehr zulässig. Nach Mitteilung des Kultusministeriums im Rechtsausschuss vom 02.03.2011 darf eine Oberschule mit Oberstufe nur eingeführt werden, wenn eine Gesamtschule (IGS) aufgelöst wird.
Landtagsjuristen hatten darauf hingewiesen, dass die 5-Zügigkeit bei der Gründung von Gesamtschulen im krassen Widerspruch zur nicht festgelegten Zügigkeit der Oberschule steht und damit verfassungsrechtliche Bedenken in der Gleichberechtigung bestehen.
Es hat den Anschein, dass die Einführung der Oberschule auf Kosten der bereits erfolgreich arbeitenden neuen Gesamtschulen und zu Lasten der dort beschulten Kinder geht.
Schulelternrat der IGS Badenstedt