Einführung der inklusiven Beschulung in Hannover mit der 1. Ausbauphase - Bildung von sog. "Schwerpunktschulen"
Am 18.04. berät der Stadtbezirksrat Döhren-Wülfel als letzter der Stadtbezirksräte über eine Drucksache, die dann am 24.04. dem Schulausschuss zur Beschlussfassung vorgelegt werden kann.
Im Schuljahr 2013/2014 soll es jedem Kind - ungeachtet seines Förderbedarfs - ermöglicht werden, in die Schule seiner Wahl zu gehen. Ausnahme sind körperlich und motorisch beeinträchtigte Kinder, die in einer 1. Ausbaustufe bis 31.07.2018 in sog. „Schwerpunktschulen“ gehen.
Hier die Drucksache.
Drucksache 0249/2013
Einführung der inklusiven Beschulung in Hannover mit der 1. Ausbauphase - Bildung von sog. "Schwerpunktschulen"
Antrag,
zu beschließen,
die in der Begründung unter Punkt 4 aufgeführten Schulen für körperlich und motorisch beeinträchtigte Kinder in einer 1. Ausbaustufe bis 31.07.2018 als sog. „Schwerpunktschulen“ § 183c Niedersächsisches Schulgesetz (NSchG)) für die Einführung der inklusiven Beschulung ab Schuljahr 2013/2014 zu benennen.
Berücksichtigung von Gender-Aspekten
Eltern und Erziehungsberechtigte, Lehrerinnen und Lehrer, Schülerinnen und Schüler sind von diesen Planungen gleichermaßen betroffen.
Kostentabelle
In der 1. Ausbaustufe zur inklusiven Schule soll mit den vorhandenen Ressourcen ausgekommen und kurzfristig keine größeren Investitionen, insbesondere für Aus- und Umbaumaßnahmen, erforderlich werden.
Begründung des Antrages
1. Einleitung
Der Bundesrat hat Ende 2008 die UN-Konvention über die Rechte Behinderter ratifiziert. Mit dieser Ratifizierung ist seit dem 1.1.2009 unter anderem ein Rechtsanspruch für behinderte Kinder entstanden, an regulären Schulen unterrichtet zu werden.
2. Ausgangslage
In Folge der Verabschiedung des Gesetzes zur ‚Einführung der inklusiven Schule‘ vom 23.März 2012 sind die öffentlichen Schulen Niedersachsens verpflichtet, „allen Schülerinnen und Schülern einen barrierefreien und gleichberechtigten Zugang“ zu ermöglichen (§ 4 NSchG).
Die Umsetzung dieser rechtlichen Vorgabe ist für Schülerinnen und Schüler, die auf sonderpädagogische Unterstützung angewiesen sind, erstmals auf die Schuljahrgänge anzuwenden, die sich im Schuljahr 2013/2014 im 1. oder 5. Schuljahrgang befinden
(§183c NSchG).
Den Erziehungsberechtigten muss die Möglichkeit gegeben werden, die Schulform zu wählen, die ihre Kinder besuchen sollen (§ 59 Abs. 1 Satz 1 NSchG).
Mit Ausnahme des Primarbereichs der Förderschule mit dem Förderschwerpunkt ‚Lernen’ müssen daher inklusiv arbeitende Schulen und Förderschulen parallel angeboten werden
(§14 Abs. 4 NSchG).
Jede Schule, die Erziehungsberechtigte für ihr Kind mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung ab Schuljahr 2013/2014 anwählen, überprüft bei Anmeldung, ob die vorhandenen Ressourcen ausreichend sind, um eine Beschulung für dieses Kind an diesem Standort sicher zu stellen.
Sollten die erforderlichen Voraussetzungen für die Förderung dieses Kindes an dem betreffenden Schulstandort nicht vorhanden sein, muss wenigstens eine inklusiv arbeitende allgemeine Schule in zumutbarer Entfernung erreicht werden können. Dafür sollen in einer 1. Ausbaustufe sog. „Schwerpunktschulen“ eingerichtet werden.
3. Beginn einer 1. Ausbaustufe - Bildung von sog. „Schwerpunktschulen“ als Übergangsphase
Den Schulträgern wird für eine Übergangszeit, die am 31.7.2018 endet, gesetzlich die Möglichkeit eingeräumt, nicht alle Schulen aller Schulformen und aller Förderschwerpunkte inklusiv zu gestalten, sondern in einer 1. Ausbauphase zunächst ausgewählte Schulen als sog. „Schwerpunktschulen“ zu benennen.
Damit soll sichergestellt werden, dass die Schulträger hinreichend Zeit haben, ihre Schulen so auszugestalten, dass sie inklusiv arbeiten können. Zugleich soll auf diesem Weg dafür Sorge getragen werden, dass alle Schülerinnen und Schüler mit einem Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung zum Schuljahr 2013/2014 wenigstens eine inklusiv arbeitende allgemeine Schule in zumutbarer Entfernung besuchen können.
Im Schuljahr 2018/2019 muss die inklusive Beschulung in allen Schulen eingeführt sein.
Das Nds. Schulgesetz sieht dabei in den Übergangsvorschriften zur inklusiven Beschulung
(§ 183 c NSchG) folgende Regelungen vor:
a.) Primarbereich - dazu Anlage 1 -
Sog. „Schwerpunktschulen“ können im Bereich der Primarstufe für die Förderschwerpunkte ‚Geistige Entwicklung‘, ‚Körperliche und Motorische Entwicklung‘ sowie ‚Sehen‘ und ‚Hören‘ angeboten werden. Für die Förderschwerpunkte ‚Lernen‘, ‚Sprache‘ sowie ‚Emotionale und Soziale Entwicklung‘ schließt das Nds. Schulgesetz im Primarbereich die Bildung von sog. "Schwerpunktschulen“ aus.
b.) Sekundarbereich I - dazu Anlage 2 -
Im Sekundarbereich I der allgemeinen Schulen können für alle Förderschwerpunkte sog. „Schwerpunktschulen“ für die Übergangszeit bis zum 31.7.2018 angeboten werden.
4. Benennung von sog. „Schwerpunktschulen“
Im Rahmen von zahlreichen Gesprächen mit den Grundschulleitungen und den Schulformvertreterinnen und -vertretern der weiterführenden Schulen sowie der Landesschulbehörde erfolgte ein intensiver Austausch über die Benennung von sog. "Schwerpunktschulen“ in der 1. Ausbaustufe.
Ergebnis war, für die Förderschwerpunkte ‚Hören‘ und ‚Sehen‘ auf die Einrichtung von sog. „Schwerpunktschulen“ zu verzichten, da bereits zahlreiche Erfahrungen in den allgemeinen Schulen in der Arbeit mit Schülerinnen und Schülern dieser Förderschwerpunkte bestehen.
Hinzu kommt, dass die Mobilen Dienste der Schule Auf der Bult (im Förderschwerpunkt ‚Emotionale und soziale Entwicklung‘) und der Albert-Liebmann-Schule (im Förderschwerpunkt ‚Sprache‘) derzeit schon Schülerinnen und Schüler der entsprechenden Förderschwerpunkte in allgemeinen Schulen unterstützen.
Für den Förderschwerpunkt ‚Geistige Entwicklung‘ wurden die Schulleitungen aller Grundschulen und weiterführenden Schulen angeschrieben und um Rückmeldung gebeten. Aufgrund dieser Abfrage haben aus den einzelnen Schulformen nur wenige Schulen ihr Interesse daran bekundet, bereits während der Übergangsphase als sog. „Schwerpunkt- schule“ ‚Geistige Entwicklung‘ inklusiv arbeiten zu wollen. Darüber hinaus wurde diese Interessensbekundung häufig mit der Umsetzung von lediglich stadtbezirksbezogenen Konzepten verknüpft. Im Ergebnis ist eine bedarfsgerechte Vorhaltung durch sog. „Schwerpunktschulen“ mit dem Förderschwerpunkt ‚Geistige Entwicklung’ für das gesamte Stadtgebiet Hannover nicht gewährleistet.
Vor diesem Hintergrund wird es für den Förderschwerpunkt ‚Geistige Entwicklung‘ keine sog. „Schwerpunktschulen“ geben. Das heißt, alle Schulen werden in eigener Zuständigkeit und vor dem Hintergrund der Intention des Landesgesetzes inklusiv beschulen. Im Rahmen des Aufnahmeverfahrens wird eine intensive Beratung der Eltern erfolgen, um bei Bedarf Kinder mit Beeinträchtigung gemeinsam in einer Schule zu beschulen. Die Landesschulbehörde wird das Aufnahmeverfahren hierzu im Einzelfall begleiten.
Zum Schuljahr 2013/14 werden ca. 4.500 Lernanfänger im 1. Grundschuljahrgang sowie ca. 3.900 Kinder im 5. Jahrgang in den weiterführenden Schulen erwartet. Wie viele Schülerinnen und Schüler davon einer sonderpädagogischen Unterstützung in den verschiedenen Förderschwerpunkten bedürfen, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt lediglich schätzen.
Da ein Bedarf an sonderpädagogischer Unterstützung vielfach erst im Laufe der Grundschulzeit festgestellt und überprüft wird, ist in den Folgejahren mit einer Zunahme von Schülerinnen und Schülern mit Förderbedarf in den allgemeinen Schulen zu rechnen.
Nach derzeitigen Einschätzungen kann davon ausgegangen werden, dass künftig ca. 5 % der Schülerinnen und Schüler mit Beeinträchtigungen in den allgemeinbildenden Schulen der Stadt Hannover beschult werden.
Die Stadt Hannover beabsichtigt daher, nur für den Förderschwerpunkt ,Körperliche und Motorische Entwicklung‘ sog. „Schwerpunktschulen“ einzurichten.
Da zu Beginn des Schuljahres 2013/14 nicht alle Schulgebäude barrierefrei ausgebaut sein werden, kommen als sog. „Schwerpunktschulen“ vorrangig die Schulen in Betracht, an denen bereits aufgrund der vorhandenen baulichen Gegebenheiten (ganz bzw. teilweise vorhandene Barrierefreiheit) eine Beschulung der Kinder mit Förderbedarf ,Körperliche und Motorische Entwicklung‘ erfolgen kann.
Es werden vom Schulträger die folgenden Schulen als sog. „Schwerpunktschulen“ ‚Körperlich und Motorische Entwicklung’ vorgeschlagen:
a.) Grundschulen
GS Albert-Schweitzer-Schule GS Henning-von-Tresckow
GS Am Lindener Markt GS Hoffmann-von-Fallersleben-Schule
GS Am Stöckener Bach GS In der Steinbreite
GS An der Feldbuschwende GS Tegelweg
GS Entenfang
GS Wettbergen
GS Glücksburger Weg
GS Heinrich-Wilhelm-Olbers
b.) Weiterführende Schulen
HRS Heisterbergschule (Standort Tegtmeyerallee)
Gym Bismarckschule
Gym Elsa-Brändström-Schule
Gym Leibnizschule
IGS List
IGS Roderbruch
IGS Stöcken
IGS Vahrenheide / Sahlkamp
Da die sog. „Schwerpunktschulen“ der Niedersächsischen Landesschulbehörde bis zum 01.02.2013 zu melden sind und zu diesem Zeitpunkt der entsprechende Ratsbeschluss noch nicht vorliegt, hat die Verwaltung die unter Punkt 4 aufgeführten Schulen vorbehaltlich der Beschlussfassung gemeldet.
5. Ausblick
Die Verwaltung hat die politischen Gremien mit Informationsdrucksache Nr.1244/2012 im Mai letzten Jahres über den Zwischenstand zur Entwicklung eines inklusiven Beschulungskonzeptes informiert. Derzeit bewerten die Verwaltungen von Region und Stadt Hannover das sog. Eckpunktepapier (siehe Informationsdrucksache Nr. 1202/2011). Die Ergebnisse dazu werden den Ratsgremien im Frühjahr 2013 vorgelegt.
42.1
Hannover / 01.02.2013
Weitere Informationen
Informationsdrucksache 1244/2012 / Mai 2012
Beschulung von Kindern mit sonderpädagogischem Förderbedarf
- Entwicklung eines Konzeptes zur inklusiven Beschulung für den Standort Hannover -
Bezug: Informationsdrucksache Nr. 1202/2011 mit 3 Anlagen
Beschlussdrucksache Nr. 0856/2010
Zwischenstand zur Entwicklung eines inklusiven Beschulungskonzeptes
Die Verwaltungen von Stadt Hannover und Region Hannover wurden in 2010 durch Beschluss ihrer politischen Gremien beauftragt, für das Gebiet der Stadt Hannover unter externer wissenschaftlicher Begleitung gemeinsam ein Konzept zu entwickeln, wie eine inklusive Unterrichtsversorgung im Gebiet der Landeshauptstadt realisiert werden kann. Siehe dazu die jeweiligen Drucksachen der Stadt Hannover Nr. 0856/2010 und der Region Hannover Nr. II 188/2010.
Erste Teilergebnisse und das von der Arbeitsgruppe Inklusion entwickelte „Eckpunktepapier“ zur Einführung der Beschulung in Hannover wurde beiden Schulausschüssen von Region und Stadt Hannover im März 2011 in einer nicht öffentlichen gemeinsamen Sondersitzung vorgestellt. Weiterhin wurde das Eckpunktepapier im Rahmen einer Anhörung von Vereinen und Verbänden vorgestellt und erörtert (Mai 2011). Die Zusammenfassung der bisherigen Arbeitsergebnisse einschließlich der eingegangenen Stellungnahmen der Vereine und Verbände haben beide Verwaltungen ihren politischen Gremien aktuell im Juni 2011 mit gleichlautenden Informationsdrucksachen zur Kenntnis gegeben (Info-Drucksache der Stadt Hannover Nr. 1202/2011 mit 3 Anlagen und der Region Hannover Nr. 0218/2011 II mit 3 Anlagen).
Diese Zwischenergebnisse (Eckpunktepapier der Arbeitsgruppe und Stellungnahmen der Vereine und Verbände) wurden anschließend gemeinsam Herrn Kultusminister Althusmann zur Kenntnis und mit der Bitte zugesandt, die an das Land gerichteten Anforderungen positiv aufzunehmen und in die zu formulierenden gesetzlichen Rahmenbedingungen zur inklusiven Beschulung mit einfließen zu lassen bzw. zu berücksichtigen.
Nach Würdigung der bisherigen Diskussionen des Eckpunktepapiers und nach Erörterung von Stellungnahmen, die noch nach der Anhörung im Mai 2011 eingegangen sind, hat die Arbeitsgruppe Inklusion abschließend beschlossen, das Eckpunktepapier in der vorliegenden Fassung ( vgl. Anlage 1 der Info-Drucksache Nr. 1202/2011) als Grundlage für die weitere Arbeit zu nutzen. Dem hat sich die Steuerungsgruppe Inklusion in ihrer Sitzung im Februar 2012 angeschlossen.
Die gesetzlichen Grundlagen des Landes für die Einführung einer inklusiven Beschulung aller Schulformen liegen vor, aber noch nicht die Ausführungsbestimmungen. Sobald endgültige Rahmenbedingungen vorliegen, wird die Verwaltung das als Anlage beigefügte Umsetzungskonzept hinsichtlich der inhaltlichen und zeitlichen Prioritäten konkretisieren. Insbesondere die schulplanerischen Überlegungen setzen Ausführungsbestimmungen voraus. Das Gesetz sieht vor, mit der Einführung der inklusiven Schule ab Schuljahr 2012/13 auf freiwilliger Basis und ab Schuljahr 2013/14 verpflichtend zu beginnen. Gleichzeitig entfällt damit die Aufnahme neuer Klassen im ersten Schuljahrgang in den Förderschulen Schwerpunkt Lernen.
Berücksichtigung von Gender-Aspekten
Dieses betrifft sowohl Schülerinnen als auch Schüler.
Kostentabelle
Durch diese Informationsdrucksache entstehen keine finanziellen Auswirkungen.
42.5
Hannover / 24.05.2012