Niedersachsen belegt nach Ansicht der SPD-Landtagsfraktion mittlerweile den letzten Platz aller Bundesländer, wenn es um die gleichberechtige Teilhabe von Menschen mit Behinderungen geht. Hintergrund ist die Unterrichtung der Landesregierung heute im Sozialausschuss des Landtages über die für Ende 2010 angekündigte Evaluation des Niedersächsischen Behindertengleichstel-lungsgesetzes (NBGG). Die SPD-Fraktion hatte die Unterrichtung beantragt.

„Das 2007 in Kraft getretene NBGG verpflichtet die Landesregierung, das Gesetz bis Ende 2010 auf dessen Wirkung, Zielgenauigkeit und Nachbesserungsbedarf zu überprüfen. Bis heute liegt diese Evaluation nicht vor. Heute wurde im Sozialausschuss klar, dass kaum vor Jahresende 2011 damit zu rechnen ist“, berichtete Uwe Schwarz, stellvertretender Vorsitzender und sozialpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, am Donnerstag in Hannover. Der Berichtsentwurf sei laut Sozialministerium noch nicht einmal in der Ressortabstimmung.

„Die Landesregierung offenbart damit gegenüber Menschen mit Behinderungen eine einzigartige Gleichgültigkeit“, sagte Schwarz. Dazu passe die Art und Weise, wie die Landesregierung mit den Rechtsansprüchen umgehe, die sich aus der UN-Behindertenrechtskonvention ergäben. „Die UN-Konvention ist auch in Niedersachsen geltendes Recht. Die Landesregierung hat dafür im Bundesrat die Hand gehoben und tut jetzt nichts, um dieses Recht mit Leben zu füllen. Der Eindruck verfestigt sich, dass die Landesregierung immer noch dem Verständnis der 60er Jahre verhaftet ist, wonach Menschen mit Behinderung in erste Linie Bittsteller und damit abhängig vom staatlichen Wohlwollen sind“, stellte der SPD-Sozialexperte fest. Zudem habe die schwarz-gelbe Landesregierung mit dem Haushalt 2011 den Einrichtungen der Behindertenhilfe die dritte Nullrunde seit 2003 verpasst. „30 Millionen Euro enthält Sozialministerin Özkan den Einrichtungen in diesem Jahr vor“, sagte Schwarz.

Überall dort, wo die Belange von Menschen mit Behinderungen berührt seien, gehe Schwarz-Gelb auf Tauchstation. „Vor einem Jahr angekündigt, liegt immer noch kein Entwurf der Landesregierung zur Umsetzung der Inklusion in den Schulen vor. Die SPD-Fraktion hat demgegenüber im August 2010 einen umfangreichen Vorschlag für ein Landesaktionsprogramm vorgelegt, den seitdem die CDU-/FDP-Mehrheit in den Ausschüssen blockiert“, berichtete Schwarz. Dabei betrage die Inklusionsquote im Bildungsbereich in Niedersachsen nach Angaben des Sozialverbandes Deutschland gerade einmal 4,7 Prozent. Schwarz: „Auch hier bundesweites Schlusslicht.“

Es sei deshalb mehr als verständlich, dass der Niedersächsische Städtetag am (heutigen) Donnerstag einen verlässlichen gesetzlichen Rahmen für die Umsetzung der Inklusion in Niedersachsen verlangt habe.