Landesregierung behindert das Volksbegehren - Initiatoren wollen den Staatsgerichtshof anrufen
Durch eine Auflage erschwert die Landesregierung das
Sammeln von Unterschriften für das „Volksbegehren für gute Schulen“ erheblich: Im Zuge des
Verfahrens zur Feststellung der Zulässigkeit wird das Kabinett nach Informationen des
„Rundblick“ (Ausgabe vom 20. September) heute beschließen, eine Veränderung des vorgelegten
Gesetzentwurfes zu fordern. Betroffen ist der Paragraph 3, der die Vollen Halbtagsschulen
betrifft.
Die Initiatoren des Volksbegehrens beabsichtigen jetzt, gegen die erwartete Entscheidung der Landesregierung den Niedersächsischen Staatsgerichtshof anzurufen.
„Die grundsätzliche Zulässigkeit des Volksbegehrens wird mit der heutigen Entscheidung von der Landesregierung festgestellt werden, und wir sind überzeugt, dass das auch ohne Auflagen möglich gewesen wäre“, sagt Andreas Henze, einer der Initiatoren des Volksbegehrens. „Schon 2001 hat der Staatsgerichtshof festgestellt, dass an den Gesetzentwurf eines Volksbegehrens keine unverhältnismäßig hohen Anforderungen gestellt werden dürfen.“ Der Entwurf habe die Aufgabe, verständlich über die Ziele des Volksbegehrens zu informieren – dem stehe die stark detailbezogene Änderung, die das Kultusministerium laut Rundblick fordern wird, sogar entgegen.
Nach Überzeugung der Initiatoren hat die Landesregierung ihre Prüfungskompetenz überschritten: Diese bezieht sich lediglich darauf festzustellen, ob die in der Niedersächsischen Verfassung und im Volksabstimmungsgesetz festgelegten formellen Voraussetzungen für die Durchführung eines Volksbegehrens erfüllt sind. Hinzu kommt, dass der Eingriff in den Gesetzentwurf gänzlich unnötig ist, weil das Anliegen der Landesregierung – die Wahrung der Rechte des Schulträgers bei der Wiedereinrichtung Voller Halbtagsschulen – problemlos durch Auslegung des vorgelegten Gesetzentwurfs erreichbar ist. Die von der Landesregierung geforderte Änderung des Gesetzentwurfes hat zur Folge, dass ein neuer Unterschriftenbogen verfasst, vom Landeswahlleiter legitimiert und an die Sammler von Unterschriften überall im Lande ausgegeben werden muss. Nach einer kurzen Übergangsfrist werden die bislang verwen deten Bögen ungültig – damit verfallen alle Unterschriften, die bis zu diesem Zeitpunkt noch nicht von den Kommunen ausgezählt wurden. Hinzu kommen durch Druck und Versand neuer Bögen erhebliche finanzielle Belastungen für die Initiative, die das Volksbegehren allein aus Spenden finanziert – die Initiatoren haben sich daher noch am Montagabend entschieden, gegen die Entscheidung der Landesregierung vor den
Niedersächsischen Staatsgerichtshof zu ziehen.
Durch die Anrufung des Staatsgerichtshofes wird sich die Laufzeit des Volksbegehrens erheblich verlängern. Erst mit der Entscheidung des Gerichts beginnt die Halbjahresfrist, innerhalb derer noch Unterschriften eingeholt und den Gemeinden zur Bestätigung vorgelegt werden können. Bei allen Zweifeln am Vorgehen der Landesregierung sehen die Initiatoren darin die Chance, ein zentrales Ziel des Volksbegehrens – die Senkung der Mindestgröße von Gesamtschulen – im Kommunalwahlkampf zu thematisieren und die für ein erfolgreiches Volksbegehren notwendige Zahl von gut 610.000 gültigen Unterschriften zu erreichen.
Andrea Hesse
Pressesprecherin
Volksbegehren für gute Schulen
Tel.: 0160 / 902 11 293
Mail: presse@volksbegehren-schulen.de
Internet: www.volksbegehren-schulen.de
Weitere Informationen
Erläuterungen zur Entscheidung der Niedersächsischen Landesregierung
Andreas Henze
Gimpelsteg 1 F
30627 Hannover
Liebe Unterstützer des Volksbegehrens!
Am 14.9.2010 hat die Niedersächsische Landesregierung auf unseren Antrag vom 28.5.2010 über die Zulässigkeit des Volksbegehrens für gute Schulen entschieden. Sie hat zwar grundsätzlich die Zulässigkeit bestätigt, aber eine „Maßgabe“ beschlossen, die den § 3 des von den Initiatoren vorgelegten Gesetzentwurfs betrifft. Dieser Paragraf befasst sich mit den Vollen Halbtagsschulen und hat folgenden Wortlaut:
"Zum 1. August 2002 bestehende Volle Halbtagsschulen werden fortgeführt. Ihre pädagogische Arbeit dauert in der Regel fünf Zeitstunden an fünf Vormittagen in der Woche".
Das will die Landesregierung
Nach dem Beschluss der Landesregierung vom 14.9.2010 soll § 3 folgenden Wortlaut haben:
Grundschulen, die zum 1. August 2002 als Volle Halbtagsschulen geführt wurden, werden wieder als Volle Halbtagsschulen geführt; hierzu bedarf es, sofern die Grundschule zwischenzeitlich aufgehoben oder unter Verlust ihres Status zusammengelegt wurde, eines Antrags des Schulträgers. Ihre pädagogische Arbeit dauert in der Regel fünf Zeitstunden an fünf Vormittagen in der Woche. § 106 Abs. 1 des Niedersächsischen Schulgesetzes bleibt unberührt.
Das wollen wir nicht
1. Nicht nur Grundschulen, auch die Primarbereiche der Förderschulen konnten Volle Halbtagsschulen werden. Die waren von unserem § 3 mit umfasst. Nun sollen sie ausgegrenzt werden.
2. Unsere Sammlerinnen und Sammler von Unterschriften sind durchweg keine Juristen. Es dürfte ihnen schwer fallen, den Bürgerinnen und Bürgern den von der Landesregierung vorgeschriebenen § 3 zu erläutern.
3. Was die Landesregierung mit ihrem Beschluss intendiert, lässt sich ohne weiteres durch Auslegung unseres Gesetzentwurfs erreichen.
4. Der Beschluss der Landesregierung zwingt uns, einen neuen Unterschriftenbogen zu drucken und an unsere Sammlerinnen und Sammler von Unterschriften zu versenden. Über die dazu erforderlichen finanziellen Mittel verfügen wir zurzeit (noch) nicht. Vorhersehbar sind außerdem Komplikationen bei der Bestätigung der Unterschriften durch die Gemeinden (Welcher Unterschriftenbogen gilt von welchem Zeitpunkt an?).
Wir werden deshalb gegen den Beschluss der Landesregierung den Niedersächsischen Staatsgerichtshof anrufen.
Durch die Anrufung des Staatsgerichtshofes verlängert sich die Laufzeit des Volksbegehrens nicht unbeträchtlich. Erst mit der Entscheidung des Gerichts beginnt die Halbjahresfrist, innerhalb derer noch Unterschriften eingeholt und den Gemeinden zur Bestätigung vorgelegt werden können. Wir gehen davon aus, dass noch bis weit in das Jahr 2011 hinein Unterschriften gesammelt werden können. Auf jeden Fall werden wir unsere Ziele im Kommunalwahlkampf 2011 thematisieren und einer breiten Öffentlichkeit präsentieren können.
Die bislang von den Gemeinden bestätigten Unterschriften behalten in jedem Fall ihre Gültigkeit. Bis zur Entscheidung des Staatsgerichtshofs können auch weiterhin auf den „alten“ Bögen Unterschriften gesammelt und bei den Gemeinden zur Bestätigung eingereicht werden.
Wir brauchen jetzt dringend auch finanzielle Unterstützung, um den Rechtsstreit vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof zu finanzieren (Konto „Bündnis Schulen“, Nr. 92 30 28, Sparda-Bank Hannover, BLZ 250 905 00).
Unterstützen Sie uns - gemeinsam können wir das Volksbegehren zum Erfolg führen!
Mit herzlichen Grüßen
Andreas Henze