Die AfB Hannover fordert "Inklusionsbonus" - Vorrang haben Förderstunden für die Schulen, die sich für Inklusion und Ganztag entschieden haben. Argumente zur Presseerklärung.
Besondere Förderstunden nur für die Schulen der Schulform Gymnasien lehnt die Arbeitsgemeinschaft für Bildung (AfB) in der SPD Region Hannover so lange ab, so lange noch ein Mangel an Förderstunden an den Schulen besteht, die sich als Schule für alle Schülerinnen und Schüler begreifen und die sich der schwierigen Aufgabe "Inklusion" stellen. Für diese Schulen fordert die AfB fordert einen âInklusionsbonus für die individuelle Förderung an inklusiven Schulen.
Die AfB Region Hannover hat anders als CDU, FDP und Philologenverband die Einführung des Abiturs nach 12 Schuljahren schon immer abgelehnt. Nur das Wählervotum und der Regierungswechsel haben in letzter Minute verhindert, dass auch Integrierten Gesamtschulen das Abitur nach 12 Jahren und eine Unterscheidung zwischen „gymnasialen“ und „restlichen“ Gesamtschülern durch Aufteilung auf unterschiedliche Kurse aufgezwungen wurde. Die für „G8“ verantwortlichen Parteien oder Interessenverbände, die diese „Reform“ durchsetzten, vermeiden es bis heute, sich zu ihrer Verantwortung zu bekennen.
Nachdem „G9“ nun wieder generell für Gesamtschulen und Gymnasien gilt, erwartet die Arbeitsgemein¬schaft für Bildung (AfB) in der SPD Niedersachsen von der rot-grünen Landesregierung und der Landes¬hauptstadt Hannover zumindest eine Gleichbehandlung der beiden Schulformen in der Zuweisung von Ressourcen. Unter dem Gesichtspunkt einer angemessenen und gerechten Gewichtung dringt sie auf eine Berücksichtigung der unterschiedlichen Belastungen von Schulen und Lehrkräften – je nach dem, in welchem Umfang sie sich der Herausforderung stellen, den Erziehungs- und Bildungsauftrag für alle Kinder und Jugendlichen integrativ und inklusiv zu erfüllen. Die Grundidee des neuen Ganztagskonzepts, das gerade in der Anhörung ist, beruht auf diesem Gedanken der Förderung von Schulen in dem Ausmaß, wie sie zur Förderung und Betreuung ihrer Schüler beitragen. Wer sich mehr und stärker um die kümmert, die der Förderung besonders bedürfen, soll auch selber stärker unterstützt und entsprechend mit Ressourcen ausgestattet werden.
Mit Erstaunen hat die AfB Region Hannover aus der Presse erfahren, dass „Gymnasien und nach Schulzweigen gegliederte KGSen zwei zusätzliche Förderstunden pro Woche“, „das sind in der Summe zwölf Wochenstunden je Schule“, erhalten. „Diese Förderstunden sollen vor allem für Fördermaßnahmen in den Klassen fünf und sechs genutzt werden, um Schüler an den Gymnasien zu halten. Denn in diesen Jahrgängen scheitern die meisten Kinder und müssen auf andere Schulformen wechseln. Mit Stunden aus diesem Topf sollen aber auch in Klasse zehn die Schulen unterstützt werden, die eine Klasse überspringen möchten.“ Ab August 2015 sollen alle Gymnasien für die Jahrgänge, die noch gemäß G8 Abitur machen müssen, zwei zusätzliche Förderstunden erhalten. – Während also im Gymnasialbereich Förderstunden vergeben werden, damit Kinder nicht unter den Anforderungen des Gymnasialbetriebs scheitern oder gar an eine Gesamtschule wechseln, fehlen diese Ressourcen dort, wo sie elementar benötigt würden: in den Grund- und Gesamtschulen, die sich um die Förderung besonders benachteiligter Schülerinnen und Schüler kümmern, damit Chancengleichheit und gemeinsames Lernen für alle Kinder und Jugendlichen gewährleistet wird.
Gymnasien in Niedersachsen sind hinsichtlich der Ausstattung mit höherwertigen Ämtern und damit hinsichtlich der notwendigen Erledigung von Führungsaufgaben deutlich besser gestellt als z.B. Kooperative Gesamtschulen. Mittelgroße Gymnasien haben in der Regel 12 bis 14 Oberstudienratsstellen, die mit der Erledigung von organisatorischen und inhaltlichen Arbeiten verbunden sind. Kooperativen Gesamt¬schulen stehen für solche Aufgaben lediglich 8 oder 9 Stellen zur Verfügung, die darüber hinaus teilweise noch um eine Gehaltsstufe schlechter gestellt sind. Auch hinsichtlich eines Vergleiches von Koordinatorenstellen (A15) für die gymnasiale Oberstufe schneiden die Gesamtschulen in der Regel schlechter ab. Den meisten Gymnasien stehen für die Oberstufe 1 bis 2 Koordinatorenstellen mehr zur Verfügung als den Gesamtschulen.
Grundsätzlich muss bei gleichen oder ähnlichen Aufgaben eine vergleichbare Ausstattung der Schulen mit höherwertigen Ämtern erreicht werden, die sich weitgehend an den Schülerzahlen und Schulstufen orientiert! Die eindeutige Bevorzugung der Gymnasien hinsichtlich der höherwertigen Ämter muss endlich beendet werden!
Bislang hatte die AfB gehofft, dass die neue rot-grüne Landesregierung gerade integrierte Systeme unterstützt und die Inklusion vorantreiben möchte. Denn Inklusion findet vor allem in integriert arbeitenden Schulen statt; die Gymnasien halten sich ebenso zurück wie die anderen Schulformen des gegliederten Schulwesens einschließlich der Oberschulen. Die AfB dringt deshalb darauf, dass die Vergünstigungen, die Haupt- und Realschulen bekommen, wenn sie als Oberschulen weiterarbeiten, auch den Gesamtschulen im Zuge der Änderung des Schulgesetzes zuteil werden. Bei der Schulplanung in Großstädten mit wachsender Bevölkerung sollte mit Priorität darauf hingearbeitet werden, dass jedes Kind, das den Wunsch hat, auf eine Gesamtschule eingeschult zu werden, auch einen Platz an einer Gesamtschule erhält – und sei es durch bauliche Maßnahmen auf der Grundlage eines durchdachten kommunalen Schul-Gesamtplans. Das ist z.B. in Hannover bislang noch nicht der Fall.
Ressourcen gehören vor allem an die Schulen, die sich aller Schülerinnen und Schüler annehmen und die im Schulkonzept deutlich machen, dass sie eine Schule für alle sein wollen. Eine solche grundsätzliche Entscheidung als Maßstab für die Zuweisung von Personal und Ausstattung ist erforderlich, weil die Res¬sourcen knapp sind und z.T. auch mittelfristig nicht zur Verfügung stehen werden: Es fehlen Lehrerstunden für Fördermaßnahmen, insbesondere für die Sprachförderung, und Lehrerstunden für die Inklusion, es fehlen ausgebildete Förderschullehrkräfte, es fehlen Pädagogische Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter insbesondere in den Klassen, in denen Kinder mit einer Beeinträchtigung in der geistigen Entwicklung inklusiv unterrichtet werden.
Damit die Ressourcen intensiv und nachhaltig eingesetzt werden, sollten an größeren inklusiv arbeitenden Schulen, soweit die regionalen Voraussetzungen gegeben sind, auch Förderzentren angesiedelt und Planstellen für Förderschullehrkräfte verankert werden – und nicht, wie es das Schulgesetz noch vorsieht, ausschließlich an Förderschulen, oder, wie es anderen Orts geschieht, an Förderzentren ohne Schüler und ohne direkte Anbindung an die Schulen, an die sie Förderschullehrer entsenden. Die Städte könnten, wenn sie Alternativen bei der Bestimmung des Standortes von Förderzentren hätten, einen Spielraum nutzen, kommunale und schulische Integrations- und Inklusionsmaßnahmen miteinander zu verzahnen und die Schullandschaft unter Wahrnehmung der Verantwortung für „ihre“ Kinder und Jugendlichen sinnvoll zu gestalten.
Schließlich ist zu beachten: Die Verwirklichung des Anspruchs der Inklusion – der Beachtung individueller Unterschiede in einem gemeinsamen Lernprozess - erfordert eine Änderung der Lehrerbildung im Hinblick auf heterogenitätsgerechtes Unterrichten; da eine solche Änderung sich erst in einigen Jahren positiv auswirken kann, drängt die Zeit. Maßstab, an dem Studium und Ausbildung sich auszurichten hätten, müsste ein Lehrer sein, der jedem Schüler und jeder Schülerin einer Gruppe gerecht wird, auch wenn die Unterschiede zwischen ihnen groß sind.
Mit freundlichen Grüßen Hans-Dieter Keil-Süllow (Vorsitzender AfB Region Hannover)